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10.2018

„GLMs and beyond“ – Einbindung von Data Analytics im klassischen Tarifierungsprozess in der Schaden-/Unfallversicherung


Die klassische Tarifierung
Als Standardwerkzeug zur Bestimmung bedarfsgerechter Prämien auf Basis eigener Schadendaten haben sich in der Schaden-/Unfallversicherung verallgemeinerte lineare Modelle (Generalized Linear Models, GLMs) etabliert. GLMs sind robust, trotz Linearitätsannahme vielfältig einsetzbar und vor allem auch erklärbar. Das Verständnis über den Einfluss einzelner Tarifmerkmale ermöglicht sowohl besondere Anpassungen in der Tarifmodellierung als auch die leichte Visualisierung, Interpretation und Kommunikation der Ergebnisse.

Eine neue Ära?
Unter dem Eindruck immer neuer Datenquellen und Data-Analytics-Methoden ist die möglichst optimale Schätzung des erwarteten Schadenbedarfs zunehmend in den Fokus gerückt. In der praktischen Anwendung sind die Möglichkeiten der klassischen GLMs hier jedoch beschränkt. Nicht-lineare Zusammenhänge und komplexe Interaktionen werden – sofern sie überhaupt erkannt werden – i.d.R. manuell in einem für Overfitting anfälligen Prozess modelliert. Auch im Umgang mit immer größeren und vor allem unstrukturierten Datenmengen stößt die Performance von GLMs an ihre Grenzen. Allerdings: der verlockende Ansatz, die Risikomodellierung mittels eines performanten Machine-Learning-Verfahrens durch eine Black Box zu ersetzen, birgt Gefahren wie Strukturbrüche oder fehlende Organik und lässt offen, wie die anschließende Tarifmodellierung erfolgen soll.

Ergänzen statt ersetzen
Um dennoch die automatisierte und optimierte Erkennung von Datenmustern durch Machine-Learning-Verfahren gewinnbringend nutzen zu können, lässt sich der klassische Tarifierungsprozess auf Basis von GLMs mittels Data-Analytics-Methoden ergänzen anstatt ihn zu ersetzen. Die Möglichkeiten zur Einbindung neuer Verfahren innerhalb des bestehenden Tarifierungsprozesses sind dabei vielseitig.

Zu Beginn des Tarifierungsprozesses müssen Daten erfasst, analysiert, angepasst und zusammengeführt werden. Hier werden moderne Data-Analytics-Modelle eingesetzt, um mittels komplexer Mustererkennung in großen, ggf. neuen und unstrukturierten Datenmengen (Big Data, z.B. Telematik- oder Internetdaten) aggregierte Merkmale („Scores“) herzuleiten, die dann im GLM integriert werden. Ergänzend wird die bisher meist heuristische Vorauswahl und Verdichtung von Merkmalen nun datengetrieben durchgeführt.

Auf Ebene der eigentlichen Risikomodellierung gelingt es durch Data Analytics, die Modellierung mit GLMs effektiv zu erweitern. Einerseits existieren Weiterentwicklungen der klassischen GLMs, welche die Auswahl und Dämpfung von Merkmalen automatisiert und datengetrieben in der Modellanpassung berücksichtigen. Anders als aufwändige Auswahlverfahren vor bzw. nach der Modellkalibrierung verknüpft dieses Vorgehen die Merkmalsselektion mit der optimalen Parameterschätzung und schützt damit vor einer Überparametrisierung des Modells. Da diese so genannten White-Box-Ansätze nahtlos in die bestehenden GLMs mit unverändertem Output integriert werden, lässt sich die resultierende Tarifstruktur wie gewohnt interpretieren und kommunizieren. Andererseits wird die Modellierung mit GLMs über den zusätzlichen Einsatz alternativer Data-Analytics-Verfahren ergänzt, die über ein sehr hohes Potenzial in der Mustererkennung verfügen. Mittels moderner Analyse- und Visualisierungstools werden komplexe Interaktionen und nicht-linearer Zusammenhänge überhaupt erst sichtbar. Anschließend können die identifizierten Muster im GLM explizit nachmodelliert werden, z.B. durch die Verwendung von Splines, einem verbesserten Binning oder die Ableitung komplexer Interaktionsterme. Ebenso verhält es sich mit dem Benchmarking eines GLMs durch Data Analytics zur Erkennung von weiterem Modellierungsbedarf oder defizitären Teilbeständen.

Data Analytics bietet also eine Erweiterung der Toolbox des Aktuars zur verbesserten Tarifierung. Sinnvoll eingesetzt optimiert es die Schätzung von erwarteten Schadenbedarfen, ohne die Möglichkeiten zur Interpretation und Tarifmodellierung zu verlieren.

Weitere Informationen:
Eintägiges Seminar zu diesem Thema am Mittwoch, den 14.11.2018.
Weitere Informationen finden Sie hier auf unserer Webseite.


Weitere Informationen:

ifa
+49 (731) 20 644-0

Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften
Max-Born-Str. 12
89081 Ulm

Wichtige Informationen:

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