Der Zukunftspreis des Deutschen Instituts für Altersvorsorge wurde in diesem Jahr an Prof. Dr. Jochen Ruß, ifa, und Stefan Schelling (Institut für Versicherungswissenschaften, Universität Ulm) vergeben. In der ausgezeichneten Forschungsarbeit haben die beiden Autoren ein neues verhaltensökonomisches Modell vorgestellt, welches unter anderem die Nachfrage nach bestimmten Garantien in der privaten Altersvorsorge erklären kann.
Sowohl die Annahme eines vollkommen rationalen „homo oeconomicus“ als auch bisherige verhaltensökonomische Theorien gehen davon aus, dass sich der Nutzen einer Kapitalanlage für den Sparer ausschließlich aus dem Endvermögen ergibt. In der Realität betrachten Kunden jedoch den aktuellen Vertragswert als Teil ihres Vermögens und nehmen dementsprechend auch Wertschwankungen wahr. Zwischenzeitliche Schwankungen nach unten, also Verluste, werden dabei subjektiv stärker gewichtet als Gewinne. Ruß und Schelling haben die auf Kahneman und Tversky zurückgehende Prospect Theory so weiterentwickelt, dass jährliche Schwankungen in die Bewertung durch den Sparer eingehen. Unterstellt man, dass der Kunde schon bei seiner Anlageentscheidung die möglichen zukünftigen jährlichen Schwankungen berücksichtigt, kann man mit diesem Modell erklären, warum manche Altersvorsorgeprodukte, deren Erwerb für einen „homo oeconomicus“ nicht rational ist, dennoch stark nachgefragt werden. Dies gilt insbesondere für Altersvorsorgeprodukte mit Garantien „von Jahr zu Jahr“.
Die neue Theorie lässt sich auch auf eine Vielzahl weiterer Produkte und Fragestellungen anwenden. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse können genutzt werden, um die Wünsche von Sparern in der privaten Altersvorsorge besser zu verstehen. Dies kann einerseits bei der Entwicklung neuer Produkte berücksichtigt werden, um diese für Sparer attraktiver zu gestalten und damit die private Altersvorsorge zu stärken. Viel wichtiger, aber auch ungleich komplexer, ist eine Anwendung überall da, wo die Wünsche der Kunden von den objektiven und rationalen Bedürfnissen abweichen. Hier können verhaltensökonomische Modelle Ansätze liefern, wie man bedarfsgerechte Produkte ausgestalten und präsentieren sollte, damit sie auch als attraktiv wahrgenommen werden. Irgendwann können solche Modelle vielleicht den Kunden helfen, das zu wollen, was sie brauchen.
Die Untersuchungen sind Teil des gemeinsamen Forschungsprojektes „Aktuarielle Modellierung in der Lebensversicherung“ von ifa und Universität Ulm. ifa bietet in diesem Zusammenhang auch Weiterbildungsvorträge für Entscheider der Versicherungsbranche sowie unterhaltsame, „leicht verdauliche“ Vorträge, beispielsweise für Versicherungsvermittler, an, in welchen die Relevanz moderner verhaltensökonomischer Erkenntnisse für die Versicherungsbranche erläutert wird.
Die prämierte Arbeit wird im renommierten Journal of Risk and Insurance erscheinen und steht hier zum Download zur Verfügung.
Die Autoren haben ferner gemeinsam mit Prof. Dr. Andreas Richter von der LMU München einen allgemeinverständlichen Übersichtsartikel über die Relevanz verhaltensökonomischer Erkenntnisse für die Versicherungsbranche geschrieben. Dieser findet sich hier.
Die Zukunft der Lebenserwartung ist aktuell so unsicher wie selten zuvor. Das ifa hat im Rahmen der Herbsttagung der DAV auf diese Unsicherheit hingewiesen und vorgestellt, wie Aktuare in der Produktentwicklung und im Risikomanagement mit dieser Unsicherheit umgehen können. [mehr]
Value for Money und der Nachweis eines angemessenen Kundennutzens von Lebensversicherungsprodukten ist stark in den Fokus der BaFin gerückt. Vor diesem Hintergrund stellt die Rechnungszinserhöhung eine doppelte Chance dar. Zum einen entsteht die Möglichkeit, die Attraktivität der Produkte im Neugeschäft zu erhöhen. Zum anderen bietet sich die Chance, bestehende Schwachstellen im Produktfreigabeverfahren zu korrigieren und damit für die Zukunft nachhaltig kundenorientiert aufgestellt zu sein. [mehr]
BaFin veröffentlicht Erkenntnisse aus der Wohlverhaltensaufsicht Lebensversicherung [mehr]
Transparenz und Kontrolle bei Methoden, Modellen und Tools [mehr]
BaFin beschreibt Zuordnungsansatz für Vermögenswerte im Rahmen der EU-Offenlegungsverordnung [mehr]
Value for Money bei Altersvorsorgeprodukten [mehr]
Update des Branchenstandards für PRIIP der Kategorie 4 erfordert Modellanpassungen [mehr]