Ein aktuelles BGH-Urteil beanstandet die Rückkaufswertkalkulation bei Tarifen, die gewisse „Kostenstrukturen“ verwenden, welche in der Lebensversicherung weit verbreitet sind. Das Urteil betrifft daher potenziell auch andere Versicherer. Es erfordert ggf. Anpassungen von verkaufsoffenen Tarifen, hat Auswirkungen auf die Kalkulation zukünftiger neuer Tarife und bringt neue Risiken für Tarife im Bestand.
Was hat der BGH geurteilt?
Zahlreiche Lebensversicherungsprodukte weisen zusätzlich zu den über die ersten 5 Jahre verteilten Abschlusskosten in Höhe von 25 Promille der Beitragssumme weitere Kosten auf, die zur Finanzierung von Abschlusskosten dienen und über die gesamte Beitragszahlungsdauer (und nicht erst ab dem 6. Jahr) erhoben werden. Eine Konsequenz des BGH-Urteils IV ZR 436 vom 18.9.2024 ist, dass bei Verträgen gegen laufende Beiträge solche Kosten bei der Kalkulation der Rückkaufswerte (und der darauf aufbauenden beitragsfreie Leistungen) nicht berücksichtigt werden dürfen.
Wir sehen als Konsequenz dieses Urteils Handlungsbedarf an drei Stellen:
1) Für verkaufsoffene Produkte ist eine pragmatische Lösung anzustreben, die die Anforderungen des BGH-Urteils vollumfänglich umsetzt, aber so ausgestaltet ist, dass sie mit möglichst geringem Aufwand rasch in existierenden IT-Strukturen umgesetzt werden kann.
2) Für das Neugeschäft ist darüber hinaus zu prüfen, ob eine von dieser pragmatischen Lösung abweichende langfristige Lösung benötigt wird, die Anforderungen an Profitabilität, Break-even etc. besser erfüllt, aber komplexer in der Umsetzung ist und daher erst zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden kann.
3) Die Frage ob in der Vergangenheit abgeschlossene Verträge hiervon betroffen sein könnten, ist derzeit noch unklar. Grundsätzlich wären auch dann nur Rückkaufswerte von Verträgen betroffen, die in den letzten 5 Jahren abgeschlossen wurden. Diese müssten dann überprüft und ggf. angepasst werden.
Spannende Diskussionen
Wir führen derzeit spannende Diskussionen mit mehreren Lebensversicherern, um Handlungsalternativen zu sammeln und zu bewerten. Da unterschiedliche Ansätze unterschiedliche Auswirkungen auf Profitabilität, Geschäftsvorfälle, Verbraucherinformationen (Kostenausweis nach VVG, PRIIP-KID, PIB) und die Rechnungslegung des Versicherers haben, die sich auch noch abhängig vom Produktdesign und IT-Systemen unterscheiden, gibt es keine pauschale, für jeden Anbieter einheitliche Lösung.
Das Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften beschäftigt sich seit rund 30 Jahren mit allen Aspekten von Altersvorsorgeprodukten. Auch zu Diskussion und Umsetzung der oben genannten Themen stehen wir gerne zur Verfügung.
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